Schlechte Arbeitsbedingungen bei Ryanair

Hier geht es um alles Interessante rund um die Ryanair, Wizz Air und Eurowings in Bremen.
aaspere

Re: Schlechte Arbeitsbedingungen bei Ryanair

Ungelesener Beitrag von aaspere » 7. Februar 2008 15:23

Ich habe mich heute mal ein bißchen auf der Sitzung der Arbeitsdeputation herumgetrieben, weil es heute um die Arbeitsverträge bei Ryanair ging. Hier mein Kommentar dazu:
Das Ressort hatte sich sehr viel Mühe gegeben, den Komplex vollständig darzustellen, kommt aber zu dem Ergebnis, daß die, zwischen Mitarbeitern und Crewlink/Ryanair, einvernehmliche Anwendung irischen Rechts nicht zu beanstanden ist. Aus meiner Sicht hat die Gewerkschaft ver.di hier eine schallende Ohrfeige erhalten. Man kann es auch so ausdrücken: Außer Spesen nichts gewesen.
Die Abgeordnete Helga Ziegert (SPD) bemängelte, daß es in Europa unterschiedliche Standards im Arbeitsrecht gäbe. Man merkte deutlich an, daß sie es am liebsten hätte, wenn der deutsche Standard in ganz Europa gelten würde. Sie brachte dann die Überlegung ein, ob der Senat (die Landesregierung) nicht über eine Bundesratsinitiative Einfluß nehmen könnte, daß die Bundesregierung in Brüssel eine entsprechende Initiative zur Vereinheitlichung des Arbeitsrechts in den Mitgliedsstaaten der EU starten könnte. Von der gewerkschaftlichen Seite ist das Thema also noch heiß, und wir dürfen da sicher noch etwas erwarten.
Aus der CDU wurde dann die Frage nach der Haltung des Senats in dieser Angelegenheit gestellt. Die Senatorin Rosenkötter (SPD) hat darauf etwas kryptisch geantwortet; man konnte aber erkennen, daß sie den Senat nun nicht vordringlich zum weiteren Handeln aufrufen würde. Andererseits ließ sie aber durchblicken, daß der Senat das Thema weiter beobachten würde. Also nichts halbes und nichts ganzes. Dummerweise hatte sich Bürgermeister Böhrnsen auf dem Neujahrsempfang der SPD mit dem Hinweis auf "Dumpinglöhne" u.a. auch bei Ryanair ziemlich weit aus dem Fenster gelehnt, so daß wir davon ausgehen können, daß, wenn ein konkreter Bremer Fall auftreten sollte, sich die Politik (SPD und GRÜNE) intensiver damit beschäftigen werden. Das dürfte dann allerdings weder zur Freude es Flughafens noch zu der von Ryanair geschehen.

aaspere

Re: Schlechte Arbeitsbedingungen bei Ryanair

Ungelesener Beitrag von aaspere » 11. Februar 2008 16:27

Wegen der gundsätzlichen Bedeutung des Themas, stelle ich das Interview des Weser Report mit Manfred Ernst, gestern 10.2.08 veröffentlicht, und mit Genehmigung des WR, hier ins Forum.
Donnerschlag, das waren aber deutliche Worte von M.E. Und eine Ohrfeige für das Rathaus obendrein. Ungewöhlich für Manfred Ernst, aber notwendig. Hier das Interview in der Ausgabe vom 10.2.08 (Fragen=kursiv):

„Ryanair zahlt am meisten"

Flughafen-Chef Manfred Ernst zur Debatte über den Billigflieger und eigene Tarife

Von
Axel Schuller


Es sei „problematisch", so Ernst, wenn sich Politiker in die Vertragsgestaltung der irischen Airline einmischen wollten.


Weser Report: Herr Ernst, die meisten Bremer freuen sich über die Ansiedlung des Billigfliegers Ryanair. Politiker und Gewerkschafter kreiden den Iren Niedrigstlöhne an. Haben Sie die falsche Airline geholt?


Manfred Ernst: Die Diskussion darüber kann ich nicht nachvollziehen. Wir beschäftigen uns nur am Rande mit den internen Strukturen der Luftverkehrsgesellschaften. Das machen wir weder bei Air Berlin noch bei Turkish Airways. Um Ryanair gibt es eine politische Diskussion. Ich stehe dem skeptisch gegenüber. Ryanair ist für Bremen ein gewaltiger Sprung nach vorn. Es belebt den Tourismus ungemein.


Es fällt auf: Auch Politiker schwärmen, sie seien für 20 Euro nach Rom geflogen, und hinterher wird über nicht ordentliche Löhne für das Personal räsoniert.


Erstens: Bei den Kostenstrukturen einer Airline ist das Personal ein Faktor, aber mit Abstand nicht der wichtigste. Das teuerste sind die Flugzeuge. Zweitens: Was heißt nicht ordentlich? Wer in die Geschäftsberichte der Airlines schaut, sieht, Ryanair zahlt am meisten von allen europäischen Fluggesellschaften. Der Durchschnittsverdienst liegt bei 52.000 Euro, die Lufthansa zahlt im Schnitt 42.000 Euro. Richtig ist, dass die Piloten, die extrem gut verdienen, den Durchschnitt nach oben ziehen. Junge Piloten fangen bei den Iren mit 80.000 Euro im Jahr an, mit Berufserfahrung verdienen Piloten bei Ryanair 130.000 Euro. Damit will man die Besten anlocken. In der politischen Diskussion sind die Flugbegleiterinnen. Ich will Ryanair nicht verteidigen, zumal ich es für problematisch halte, wie die Iren das Thema abschotten. Ich meine, die Airline hat sich nichts vorzuwerfen. Die Flugbegleiterinnen verdienen anfangs netto um die 1.500 Euro. Für ungelernte junge Menschen finde ich das nicht so schlecht.


Darf sich Bremen, wie gerade die Arbeitsdeputation der Bürgerschaft, in die Vertragsgestaltung eines Carriers einmischen?


Das ist problematisch. Ryanair hat drei seiner 152 Maschinen in Bremen, generiert hier ein Prozent seines Fluggastaufkommens von 50 Millionen. Bei diesen Relationen muss man schon über viel Selbstbewusstsein verfügen, um sich von Bremen aus mit den internen Strukturen des Carriers zu beschäftigen. Wenn Politik sich des Themas sogenannter Dumpinglöhne annimmt und dahinter stellt, ist das aus meiner Sicht sehr gefährlich. Ryanair ist nun gerade nach Bremen gekommen. Es ist für diese Gesellschaft nur ein Federstrich – und sie ist wieder weg. Dieses Ergebnis wäre für den Airport und für Bremen eine Katastrophe.


Der Bremer Flughafen verfügt über die Töchterfirmen AHS und BAS. Zahlen Sie dort den politisch diskutierten Mindestlohn von 7,50 Euro?


Zunächst einmal: Es gibt noch keinen Mindestlohn. Die Bremen Airport Services und die Aviation Handling Services zahlen teilweise sogar mehr als im Tarifvertrag steht. Die Löhne liegen zwischen 8,15 und 10 Euro.


Bürgermeister Böhrnsen hat über Dumpinglöhne bei Ryanair geschimpft. Hat das Rathaus Ihren Rat eingeholt?


Ich habe diese Äußerung auch bloß in den Zeitungen gelesen. Er hat das Thema zwar nur in einer Neujahrsrede in einem Halbsatz gestreift. Das Problem ist: Jetzt berufen sich alle Kritiker auf ihn, fühlen ihr Anliegen durch einen Regierungschef legitimiert. Ich kann nicht glauben, dass er dies beabsichtigt hat.



Zur Person:

Manfred Ernst wurde 1944 in Norwegen geboren. Nach Jura- und Volkswirtschaftsstudium war er Richter am Landgericht und Senatsrat in der Justizbehörde. Seit 1986 leitet er den Flughafen Bremen als Geschäftsführer.


Mit freundlichen Grüßen
Axel Schuller
Chefredakteur
WESER REPORT
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